Tomislav Turina und Roland Zag

Autor(in): 
Master School Drehbuch

Neben Rolands "human factor" sollen sich Stoffentwickler:innen nun mit dem "visual factor" beschäftigen. Wie seid Ihr darauf gekommen? Und warum ist das hilfreich?

TT: Bilder und Metaphern beeinflussen auf intensive Weise unsere Emotionen, was für dramatische Formate essenziell ist. Ich beschäftige mich schon seit längerem mit dem Thema und habe zwei Artikel für das Fachmagazin WENDEPUNKT des Dramaturgieverbands VeDRA darüber verfasst. Roland war von dem Thema sehr angetan. So kamen wir auf die Idee, einen gemeinsamen Workshop zu entwickeln.
RZ: Filmisches Erzählen bzw. dramaturgische Arbeit hat oft etwas Kognitives, Rationales, Logisches. Um aber wirklich filmisch zu wirken, geht es darum, auch andere, nicht-rationale Wahrnehmungsorgane zu erreichen und zu bespielen: also das Visuelle, Intuitive, Poetische, Metaphorische. Dies ist eine Ebene, die leicht unter den Tisch fällt, aber für die künstlerische Wirkung primär ist.

Inwiefern sind Visualisierungen überhaupt die Aufgabe von Autor:innen? Greifen sie damit der Regiearbeit vor?

RZ: Das Drehbuch ist eine verbale Voraussetzung für die sinnliche Umsetzung als Film. Auch die Worte des Dialogs sind nur eine zweidimensionale Vorlage für etwas, das hinterher viel reicher und differenzierter rüberkommt. Doch Drehbücher müssen LESER überzeugen, dafür sollten alle zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden. Sie sollten also auch auf das Visuelle, genauso Poetische und Symbolische zielen.
TT: Natürlich sollte man als Autor:in keine Storyboards entwerfen. Aber jede:r gute Regisseur:in ist froh über außergewöhnliche visuelle Ideen, die die Erzählung sinnlicher gestalten und die Emotionalität verstärken.

Wichtig ist für Euch das Herausarbeiten eines "Kerns" oder eine "Essenz" der Geschichte. Was versteht Ihr darunter?

RZ: Jede Geschichte lässt sich auf eine bestimmte Fragestellung, eine bestimmte Erzählidee, eine Absicht zurückführen, auch wenn diese den Autor:innen nicht immer bewusst ist. Diese zu finden und zu benennen, hilft dem Prozess auf allen Ebenen.
TT: Hinzufügen würde ich noch, dass Geschichten immer nach bestimmten Systematiken funktionieren. Meistens werden diese vom Genre bestimmt, manchmal folgen sie aber auch eigenen Regeln. Es gilt, sie zu entdecken, zu ergründen und schließlich konsequent umzusetzen.

Ihr zielt mit dem "visual factor" auf eine intuitive, unbewusste Ebene des Erzählens? Wie wollt Ihr dies im Seminar vermitteln?

TT: Visuelles sollte man in erster Linie zeigen. Daher verwenden wir viele Beispiele aus aktuellen Filmen und Klassikern, die auf beeindruckende Weise visuelle Mittel einsetzen. Ihre bewussten und unbewussten Wirkungen werden wir dann gemeinsam erarbeiten.
RZ: Zum anderen lehren wir eine kleine Methodik, wie und wo man Anregungen finden kann. Und natürlich durch die Arbeit in der Gruppe, die an sich schon immer eine andere intuitive Ebene erreicht. Die Teilnehmer:innen sollen vor dem Seminar eigene Stoffe einreichen.

Gibt es eine erste Frage, mit der Ihr an die Stoffe herantretet?

RZ: Ich glaube nicht.…
TT: Nein, nur große Neugier natürlich und die Vorfreude darauf, mit spannenden neuen Autor:innen zu arbeiten.