Dozent:innen und Absolvent:innen stellen sich vor

Autor(in): 
Master School Drehbuch

TOMISLAV TURINA

Tomislav Turina lernte Filmdramaturgie an der „Drehbuchwerkstatt Rhein Ruhr“ bei Prof. Karl-Dietmar Möller-Naß. Er arbeitete mehrere Jahre als Drehbuchautor für bekannte Serien wie WOLFFS REVIER und BENJAMIN BLÜMCHEN. Nach einem Regie-Studium an der selbstverwalteten Filmschule filmArche war er dort mehrere Jahre Dozent und Vorstand. Er ist Experte für alle Themen rund um die Spannungserzeugung. So unterrichtet er an der MSD zu den Genres Krimi und Thriller. Tomislav Turina arbeitet als Dramaturg und lektoriert u.a. für die Mitteldeutsche Medienförderung.

Du arbeitest seit vielen Jahren als Dozent. Was macht in Deinen Augen ein gutes Seminar aus?

Für mich persönlich hat sich die Arbeit gelohnt, wenn ich merke, dass meine Student*Innen eine wichtige Schwelle überschreiten. Und wenn sie am Ende des Tages darauf brennen, ihre Erkenntnisse in Geschichten umzusetzen.

Gibt es eine erste Frage, mit der Du an einen Filmstoff oder ein Serienkonzept herantrittst?

Als Dramaturg ist meine erste Frage in der Regel, was das Besondere an genau diesem Stoff ist. Und was ich dazu beitragen kann, es zu verstärken. Als Nächstes überlege ich, welche spezifischen dramaturgischen Mittel dafür notwendig sind.

Wie hat sich die Dramaturgie – nicht nur für Serien – in den letzten Jahren verändert?

In letzter Zeit ging es stark um Systemische Dramaturgie, bei der die Figuren versuchen, in einem menschenfeindlichen System zu bestehen. Wie etwa bei DER REPORT DER MAGD oder der koreanischen Serie SQUID GAME. Nun scheint es wieder mehr in Richtung der klassischen Heldenreise zu gehen, wie man z.B. am „Netflix Pitch Workshop“, dem aktuellen Leitfaden der Streaming Plattform für Autor*Innen sehen kann.

Welcher Gedanke hilft dabei, in einer Geschichte Spannung zu erzeugen?

Am wichtigsten ist dabei die Erkenntnis, dass Filme und Serien eine Art Zeitmaschine des Bewusstseins sind. Wenn wir Spannung erzeugen wollen, müssen wir die Zuschauer*Innen in ihren Köpfen ständig in die Zukunft oder Vergangenheit schicken und auf diesen Reisen Hoffnungen und Ängste darüber wecken, wie die Geschichte ausgehen wird. Das Publikum darf sich über den Ausgang bis zum letzten Moment nicht sicher sein.

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche?

Stets das Besondere suchen. Gerade heute, wo die Streaming Plattformen immer wichtiger werden. Und versuchen, das Publikum in jeder einzelnen Minute zu fesseln.

Was wünschst Du Dir für Deine berufliche Zukunft?

Ich schreibe momentan an meinem Buch über „Das Spiel mit den Erwartungen“ des Publikums. Dort geht es um die oben bereits erwähnte Zeitmaschine des Bewusstseins und darüber, wie sie Filme und Serien in spannende Events verwandelt. Das Buch ist sozusagen die Essenz all dessen, was ich über Film- und Seriendramaturgie gelernt und entwickelt habe. Für danach wünsche ich mir, noch tiefer in die Arbeit als Dramaturg einzutauchen. Und vielleicht werde ich dann auch wieder ein Drehbuch schreiben, um meine Theorien auch selbst anzuwenden.

 

SANDRA DELASAUCE

Sandra Delasauce ist Mitte der 90er Jahre mit Volontariaten bei OK Radio und MME TV in Hamburg in die Medienbranche eingestiegen. Sie hat zahlreiche non-fiktionale Formate produziert u.a. als Redaktionsleiterin und Senior Producer für Brainpool, Endemol und Boogie Entertainment. 2019 besuchte sie die Weiterbildung zum/r Dramaturg:in & Lektor:inan der MSD, um ihr Fachwissen insbesondere im Serienbereich zu erweitern. Inzwischen verantwortet sie als Head of Entertainment die Formatentwicklung und -produktion für Social Media-Plattformen bei DRIVE beta, darunter u.a. die SWR/YouTube-Show ON MAI WAY.    

Du arbeitest schon sehr lange in der TV-Branche. Was gefällt Dir daran? 

Mir ist Abwechslung und Innovation wichtig. Beides ist in der Medienbranche ja quasi an der Tagesordnung. Nach knapp 15 Jahren TV habe ich mich bereits 2010 auf die „neuen Medien" konzentriert. Ich bin ein großer Fan der Möglichkeiten von digitalem Storytelling.

Was ist der wesentliche Unterschied zwischen Online-Content und gängigen Formaten?

Je nach Plattform und Ausspielweg wird online wesentlich mutiger und auch schneller erzählt. Man traut den Zuschauer:innen mehr zu und wagt zudem inhaltlich mehr Experimente. Demgegenüber setzen die gängigen Formate in der Regel auf bewährte Themen & Macharten, um die Zuschauer:innen nicht zu überfordern. Ich bin immer wieder erstaunt, wie oft sich (beliebte) Themen im TV wiederholen.

Wie kommt Ihr bei DRIVE beta zu Stoffen? Und wie entwickelt Ihr sie? Gibt es eine Art Drehbuch? 

Wir werden regelmäßig von Sendern zu Pitches eingeladen und entwickeln dann Formate für spezielle Sendeplätze und Plattformen oder Zielgruppen. Gerade haben wir auch eine Fiction Unit gegründet und starten 2022 mit ersten Projekten. Wir freuen uns aber auch über Filmemacher:innen und Autor:innen, die mit ihren Ideen zu uns kommen.

Du warst 2019 Teilnehmerin der Weiterbildung Dramatur:in & Lektor:in. Inwiefern hilft Dir das Gelernte bei Deiner Arbeit? 

Ich habe diese Zeit und die Weiterbildung sehr genossen – mir nach so vielen Jahren im Job die Zeit zu nehmen, wieder Theorie und Fachwissen zu lesen und zu lernen. Gerade im Streamingmarkt passiert so viel Spannendes. Da hilft es mir auf jeden Fall, bei der Bewertung und Analyse auf entsprechendes Knowhow und das richtige Wording zurückzugreifen.

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche? 

Puh, ich glaube nicht, dass es so etwas gibt. Ein gesundes Selbstbewusstsein ist hilfreich, um sich nicht einschüchtern zu lassen von den vielen wichtigen und lauten Menschen in der Branche. Und wenn jemand etwas ablehnt oder ändern will, „weil wir das schon immer so gemacht haben“ – unbedingt das Weite suchen!

Was wünschst Du Dir für Deine berufliche Zukunft?

Ich wünsche mir spannende Projekte und mutige Programmmacher:innen. Und immer genug Spaß bei der Arbeit – das ist ein oft unterschätzter Faktor und (m)ein wichtigster Antrieb.